Haben Unternehmen mit Sitz in der Schweiz Anspruch auf ein Bankkonto?

Das Geschäftsverhältnis zwischen einer Bank und ihren Kunden untersteht grundsätzlich dem Privatrecht und damit der Vertragsfreiheit. Der Bank steht es also frei, ob sie eine Kundenbeziehung eingehen will. Sie kann eine bestehende Geschäftsbeziehung auch wieder auflösen. Insbesondere für Startups, die im Kryptobereich tätig sind oder Inhaber mit Sitz im Ausland haben, gestaltet sich die Suche nach der passenden Bank deshalb oft schwierig.

Anspruch auf Kontoeröffnung gegenüber öffentlich-rechtlichen Banken?

Im Unterschied zu den privaten Geschäftsbanken kann sich bei öffentlich-rechtlichen Banken eine Pflicht zum Vertragsabschluss aus einem gesetzlichen Leistungsauftrag ergeben.

In seinem Urteil vom 26. März 2010 hielt das Bundesgericht fest, dass die Post im Bereich des Zahlungsverkehrs einem Kontrahierungszwang unterliegt und dass PostFinance somit zur Eröffnung und Führung von Postkonti grundsätzlich verpflichtet ist.

Nur im Ausnahmefall und aus wichtigen Gründen darf PostFinance einem Kunden ihre Dienstleistungen verweigern. Dies stützt sich auf den gesetzlichen Grundversorgungsauftrag der Post, der den inländischen Zahlungsverkehr in Schweizer Franken für natürliche und juristische Personen mit Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung in der Schweiz umfasst. Für Unternehmen, die Kunden oder Lieferanten im Ausland haben und ein Fremdwährungskonto benötigen, ist das Problem durch den Kontrahierungszwang aber nicht unbedingt gelöst.

Unterliegen Kantonalbanken ebenfalls einem Kontrahierungszwang?

Für die Kantonalbanken gibt es keine einheitliche gesetzliche Grundlage. Der jeweilige Leistungsauftrag wird im kantonalen Recht geregelt. Der Zweck der Zürcher Kantonalbank gemäss Kantonalbankgesetz ist beispielsweise weit gefasst. Er besteht unter anderem darin, die Bevölkerung des Kantons mit grundlegenden Bankdienstleistungen zu versorgen. Dazu gehört das Anlage- und Spargeschäft, das Hypothekar- und Kreditgeschäft sowie der Zahlungsverkehr. Das Angebot der ZKB hat nicht nur natürliche Personen, sondern explizit auch kleine und mittlere Unternehmen zu berücksichtigen.

Im Urteil vom 29. Januar 2019 bestätigte das Bundesgericht, dass die ZKB verpflichtet ist, ihren Leistungsauftrag nach den gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Weiter hielt es fest, dass es sich bei der Bankbeziehung aber um eine privatrechtliche Angelegenheit handelt und allfällige Ansprüche, einschliesslich des Anspruchs auf eine Kontoeröffnung, auf dem Weg des Zivilprozesses durchgesetzt werden müssen.

Ob und unter welchen Voraussetzungen die ZKB gezwungen werden kann, ein Bankkonto für ein Unternehmen mit Sitz in Zürich zu eröffnen, bleibt aber offen.

Firmengründung ohne Bankkonto

In der Schweiz kann die Kapitaleinzahlung bei der Gründung einer AG oder GmbH bereits seit einigen Jahren in Kryptowährungen erfolgen (Gesellschaftsgründung mit Krypto- und Fremdwährung).

Mit Aufnahme der Geschäftstätigkeit werden aber auch die meisten Unternehmen, die über Kryptowährungen oder andere Vermögenswerte verfügen, ein Fiat-Bankkonto benötigen. Es ist deshalb in jedem Fall zu empfehlen, die Bankkonto-Frage so führ wie möglich - am besten schon vor der Gründung - zu klären.


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