Was Gründer über den Aktionärbindungsvertrag wissen müssen

Aktionäre haben gegenüber der Aktiengesellschaft nur begrenzte Rechte und Pflichten. Die Hauptpflicht der Aktionärin besteht in der Einzahlung des liberierten Kapitals. Im Gegenzug wird sie am Geschäftserfolg der Gesellschaft finanziell beteiligt. Daneben bestehen gewisse Informationsrechte sowie ein von der Beteiligungsquote abhängiges Mitbestimmungsrecht.

Das Gesetz lässt einigen Spielraum bei der Ausgestaltung der Gesellschaftsstatuten. Über die Kapitaleinzahlung hinausgehende Aktionärspflichten dürfen darin aber nicht auferlegt werden - dies im Unterschied zur GmbH.

Um den konkreten Bedürfnissen im Einzelfall gerecht zu werden, können einzelne oder alle Aktionäre einen Aktionärbindungsvertrag abschliessen. Dieser kann grundsätzlich frei ausgestaltet und geändert werden, und zwar vor oder jederzeit nach der Gründung der AG.

Möglicher Inhalt eines Aktionärbindungsvertrags

Der Inhalt des Aktionärbindungsvertrags unterliegt dem Prinzip der Vertragsfreiheit, wobei einige gesetzliche Vorgaben zu beachten sind. 

Folgende Vereinbarungen sind grundsätzlich zulässig:  

  • Stimmrechtsbindung: Einzelne Aktionäre oder Aktionärsgruppen treffen Absprachen über die Stimmabgabe zu Generalversammlungsbeschlüssen und Wahlen. 

  • Verwaltungsratssitz: Aktionäre sichern sich gegenseitig ab einer bestimmten Beteiligungsquote die Vertretung im Verwaltungsrat zu.  

  • Veräusserungsbeschränkungen: Die Veräusserung von Aktien an Nichtaktionäre wird beschränkt oder verboten. 

  • Vorkaufsrechte, Kauf- und Verkaufsrechte: Aktionäre erhalten beim Eintritt bestimmter Bedingungen das Recht, Aktien von anderen Aktionären zu vordefinierten Konditionen zu erwerben oder an diese zu veräussern. 

  • Mitverkaufsrechte und -pflichten (Tag-along und Drag-along): Im Falle des Verkaufs durch einen kontrollierenden Mehrheitsaktionär werden Minderheitsaktionäre zur Mitveräusserung berechtigt (Tag-along) oder verpflichtet (Drag-along). 

  • Dividendenausschüttung: Vertragliche Absprachen zur Dividendenpolitik. 

  • Konkurrenzverbot: Da das Gesetz für Aktionäre weder eine Treuepflicht noch ein Konkurrenzverbot vorsieht, ist dies gegebenenfalls vertraglich zu vereinbaren.

Absicherung vertraglicher Vereinbarungen

Eine Vertragspartei kann gegenüber ihren Vertragspartnern entweder die Realerfüllung vertraglicher Pflichten oder, im Falle der Vertragsverletzung, Schadenersatz verlangen. Da ein Aktionärbindungsvertrag keine bindende Wirkung gegenüber der Aktiengesellschaft hat und eine Realerfüllung beispielsweise nach bereits erfolgter vertragswidriger Stimmabgabe kaum noch durchsetzbar ist, besteht häufig der Bedarf nach zusätzlichen Absicherungen.  

Mit der Konventionalstrafe kann eine Vertragsverletzung zwar nicht verhindert werden, dennoch stellt sie eine wirksame präventive Massnahme gegen Vertragsverletzungen dar.

Die festgelegte Strafzahlung befreit die geschädigte Partei vom Nachweis eines konkreten Schadens, was die Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs vereinfacht.

Um vertragswidriges Verhalten (bezüglich Veräusserungsbeschränkungen oder Stimmbindungen) vorab zu verhindern, können die Aktien der gebundenen Aktionäre gemeinsam hinterlegt werden oder es kann ein Vertreter zur Ausübung von Aktionärsrechten gegenüber der Gesellschaft bestimmt werden. 

Eine drohende Vertragsverletzung kann grundsätzlich auch mittels vorsorglicher Massnahme auf dem Gerichtsweg verhindert werden. Die rechtlichen Anforderungen dafür sind jedoch hoch und die Umsetzung in der Praxis oft schwierig. 

Mit zunehmender Digitalisierung gesellschaftlicher Beteiligungsrechte (Registerwertrechte) und der damit verbundenen Mitwirkungsrechte werden künftig vermehrt auch technische Lösungen verfügbar sein, um die Einhaltung vertraglicher Pflichten sicher zu stellen. Zu denken ist an “smarte” Aktionärbindungsverträge, die als Computerprotokolle ausgestaltet sind und so die Vertragserfüllung automatisieren und Vertragsverletzungen verhindern.


Haben Sie Fragen? Senden Sie eine Nachricht und wir melden uns bei Ihnen:

Previous
Previous

Vier Fragen von Startups zur Ausgestaltung von Mitarbeiterverträgen

Next
Next

Mehr bezahlter Urlaub für die Betreuung von Kindern und Angehörigen