Muss der Arbeitgeber bei einer Betriebsschliessung Löhne zahlen?

Es gibt verschiedene Konstellationen, bei denen der Arbeitgeber verpflichtet ist, Lohn zu bezahlen, obwohl im Gegenzug keine Arbeit geleistet wird.

Lohnfortzahlung bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung

Wird ein Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall oder die Erfüllung gesetzlicher Pflichten, an der Arbeitsleistung verhindert, so hat er für eine beschränkte Zeit Anspruch auf Lohnfortzahlung (Art. 324a OR).

Eine weitere Voraussetzung für die Lohnfortzahlung ist, dass die Arbeitsverhinderung unverschuldet ist. Dabei gelten Verkehrs- oder Sportunfälle grundsätzlich als unverschuldet. Im Einzelfall oder wenn es sich um besonders riskante Aktivitäten handelt, kann eine unfallbedingte Absenz als verschuldet gelten. Dann besteht kein Lohnfortzahlungsanspruch.

Keine Lohnfortzahlungspflicht besteht zudem bei Gründen, die nicht in der Person des Arbeitnehmers liegen, wie beispielsweise Naturkatastrophen, Unwetter, Verkehrsblockaden oder anderen ähnlichen Gründen.

Annahmeverzug des Arbeitgebers

Kann die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht geleistet werden, so bleibt er zur Lohnzahlung verpflichtet. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, die Voraussetzungen zu schaffen, damit der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringen kann. Richtet er beispielsweise den Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer nicht rechtzeitig ein, muss der Lohn bezahlt werden, auch wenn der Arbeitnehmer nicht arbeiten kann. Eine Pflicht zur Nachleistung der ausgefallenen Arbeit besteht in diesem Fall nicht.

Selbst wenn den Arbeitgeber kein Verschulden trifft, der Grund für den Annahmeverzug aber dennoch in seine Risikosphäre fällt, besteht ebenfalls eine Lohnzahlungspflicht.

Ein solcher Fall liegt zum Beispiel vor, wenn dem Arbeitnehmer mangels Aufträge keine Arbeit zugewiesen werden kann oder wenn aufgrund einer Betriebsstörung nicht gearbeitet werden kann.

Voraussetzung für eine Lohnzahlung ist in jedem Fall, dass der Arbeitnehmer seinen Verpflichtungen nachkommt und die Arbeit anbietet, das heisst, er muss jederzeit zur Verfügung stehen und gegebenenfalls auch andere als die vorgesehenen Arbeiten ausführen.

Behördliche Betriebsschliessungen fallen nicht zwingend in die Risikosphäre des Arbeitgebers

Als Grundsatz gilt, dass der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko trägt und dieses nicht auf die Angestellten abwälzen darf. Wenn nun ein Betrieb auf behördliche Anordnung vorübergehend geschlossen werden muss, ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine solche Betriebsschliessung noch der Risikosphäre des Arbeitgebers zuzuordnen ist. Zur Risikosphäre des Arbeitgebers gehören persönliche Gründe auf seiner Seite. Zu denken ist an eine vorübergehende Betriebsschliessung, weil die Voraussetzungen für eine erforderliche Betriebsbewilligung nicht erfüllt sind.

Nicht dazu gehören hingegen objektive Gründe, die alle in gleicher Weise treffen und nicht nur den Betrieb des Arbeitgebers. Laut Urteil des Bundesgerichts vom 30. August 2023 (4A-53/2023) sind beispielsweise behördliche Betriebsschliessungen zur Bekämpfung des Coronavirus als objektiver Grund zu werten, der keine Pflicht des Arbeitgebers zur Lohnfortzahlung nach sich zieht.

Im Einzelfall muss aber dennoch geprüft werden, ob es unter den konkreten Umständen nicht möglich ist, dass die Angestellten trotz Betriebsschliessung irgendwie arbeiten können und damit Minusstunden vermieden werden können (z.B. durch Umstellung auf Online-Unterricht bei Schliessung einer Privatschule zur Bekämpfung des Coronavirus).


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